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Schweden: Cowgirl trifft Elch, Teil 1

Wie ich aus völlig unwissenschaftlichen Gründen Värmland besuchte, dort wilden und weniger wilden Tieren begegnete, den aufgeräumten Wald bewunderte, Zimtschnecken genoss, In den Westernsattel stieg und ein Elchgeweih streichelte – und das alles an einem Wochenende

Text und Fotos: Kirsten Rick

1. Station: Gamla Kraftstationen – Altes Kraftwerk

Värmland, so heißt es, ist eine Naturattraktion. Die schwedische Provinz grenzt im Süden an den Värnen, den drittgrößten See Europas und im Westen an Norwegen. Im Norden ist Värmland bergig. Dazwischen liegen der Fluss Klarälv („klares Wasser“) und über 10.000 Seen. Und jede Menge Wald. Kaum besiedelte Wildnis – und einst die Heimat von Selma Lagerlöf, der ersten Literaturnobelpreisträgerin. „A country of storytelling“, sagt Jenny von visitvärmland. „Hier kann dir jeder eine gute Geschichte erzählen.“

Wenn keiner redet, ist es ganz still. Dann entfaltet die Natur ihre Wirkung. Forschungsergebnisse zeigen, dass schon 72 Stunden in der Natur genügen, um die Kreativität zu steigern und uns Probleme leichter lösen zu lassen. Deswegen hat Visit Sweden die Initiative „The 72 Hour Cabin“ (visitsweden.de/72hcabin) gestartet: Fünf Menschen mit extrem aufreibenden Berufen verbringen 72 Stunden in extra dafür angefertigten gläsernen Hütten. Die Studie wurde zusammen mit Stressforschern entwickelt, im Oktober 2017 werden die Ergebnisse veröffentlicht.

Wir sind allerdings nicht als Studienobjekte unterwegs. Auf uns soll die schwedische Natur ganz unwissenschaftlich wirken, einfach so. Dafür müssen wir auch nicht in gläsernen Hütten wohnen, sondern dürfen richtig was erleben. Ein Wochenende lang, von Freitag bis Sonntag.

Der Flughafen in Karlstad ist winzig, das Gepäckband umschließt gerade mal ein Auto, das dort zu Werbezwecken steht. Die Crew schlendert entspannt an uns vorbei, dann sind wir die einzigen Menschen im Ankunftsbereich. Anscheinend ist Mittagspause. Jenny von visitvärmland holt uns ab. Mit dem Mittagessen, so sagt sie, müssen wir uns beeilen, denn die Elche haben auch Hunger. Und die bekommen erst etwas, wenn wir da sind. Deshalb bestellt sie schon aus dem Auto raus unseren Mittagstisch im Alten Kraftwerk.

 

Gamla Kraftstationen – Altes Kraftwerk

 

Die Frau am Eingang versucht noch, den aus dem Schriftzug gefallenen Buchstaben – das A – wieder aufzuhängen. Es gelingt nicht. Vielleicht ist das ein Fall für den leicht zahnlosen Hausmeister, der sich das Schauspiel ansieht und dabei lässig in seinen Rauschebart hineinkichert. Er sieht aus wie ein übrig gebliebener Seemann, bereit, sofort krudes Seemannsgarn zu spinnen. So etwas wie ein Hausmeister ist er hier, ein Faktotum, in dem alten Kraftwerk, das 1916 gebaut wurde und mit einer Unterbrechung bis 1992 in Betrieb war. Es drohte zu verfallen, bis 2011 eine Theatergruppe das wuchtige rote Backsteingebäude übernahm und zu einem Kulturzentrum machte. Ein Schild an der Straße, das auf den Veranstaltungsort hinweist, gibt es nicht, trotzdem kamen im vergangenen Jahr 26.000 Besucher: zu Aufführungen, Kunstausstellungen und zum Essen. In dem kleinen Restaurant wird hausgemachtes Bio-Essen serviert, das Gemüse kommt von den Nachbarn, der Fisch aus dem nächsten See, die Zimtschnecken von der örtlichen Bäckerei. „Was es hier nicht gibt, das haben wir dann eben nicht“, heißt es. Es gibt reichlich Köstliches: geräucherter Lachs, würziger Kartoffelsalat, knackiger grüner Salat und danach natürlich Fika. Das ist die traditionelle schwedische Kaffeepause, die hier jeder gerne und häufig einlegt. Dazu gehören ein Heißgetränk (es muss wohl nicht zwingend Kaffee sein) und etwas Gebäck, am besten eine Zimtschnecke. Mhhhmmm!

 

Info:

gamlakraftstationen.se

 

Mehr über Värmland auf:

www.visitvarmland.se

www.visitsweden.de

 


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