Mein türkisches Abenteuer in Kusadasi – erzählt in zehn Gläsern Tee

1. Tee: Zwei Becher English Breakfast beim Frühstück im Lido Buffet Restaurant auf der Costa Venezia
Wir haben gerade in Kusadasi angelegt, ich hole mir zwei Becher Tee im Buffet Restaurant. Immer gleich zwei, damit ich nicht doppelt gehen muss. Beuteltee. Aber: Jetzt sind wir in der Türkei. Ich hoffe also sehr auf besseren Tee.
„Lass uns später spazieren“, sagt Erdal, ein Kollege aus Hamburg von der türkischen Zeitung Post Aktuel. „Ich zeige Dir Kusadasi“, sagt Erdal. „Kennst Du Dich denn da aus?“, frage ich. „Nicht so richtig“, sagt Erdal, „aber macht nichts, ich habe auf Facebook geschrieben, dass ich da bin und bekomme Tipps.“ Erdal ist perfekt im Networking, digital und auch so. Und er spricht, im Gegensatz zu mir, Türkisch. Der perfekte Begleiter.
2. Tee: Ausflug nach Ephesos – ein Becher Tee mitten in der antiken Stadt
Ephesos, die antike Stadt, ist ein Wunder, mit Pompeji vergleichbar. Beide sind unübertroffen, beide gehören zu den bestausgegrabenen Städten weltweit. Pompeji war von Asche bedeckt, Ephesos von Schlamm. Der hat die Stadt gut konserviert.
Wir laufen auf den Marmorböden antiker Straßen der einstigen Weltstadt, bestaunen die imposanten Reste der Bibliothek. Ahnen den Reichtum der Bewohner der Terrassenhäuser. Schlendern hinab zum ehemaligen, längst verlandeten Hafen. Und gönnen uns einen Tee an einem Stand inmitten der wieder freigelegten Pracht.

3. Tee: Ein Glas Tee bei einer Modenschau in einer Lederwarenfabrik
Selcuk ist eine Hochburg der Lederwarenherstellung, erzählt uns der Reiseleiter. Viele Familien mit kleinen Manufakturen haben Aufträge von Luxusmarken wie z.B. Gucci. Ein kleiner Teil der Kollektion wird hier im Outlet verkauft, ohne das berühmte Label natürlich. Es wird weichstes Schafsleder verwendet, die Firmen sind zertifiziert und geben 1 Jahr Garantie. Gute Ware zu derzeit sehr guten Preisen, verspricht der Reiseleiter. Der Bus hält vor einem schlichten Gebäude. Drinnen werden wir mit Tee empfangen und in einem fensterlosen Raum platziert. Das Licht geht aus, die Modenschau beginnt. Modelpaare reißen sich gegenseitig die Lederjacken vom Leib, um sie sofort darauf gewendet wieder anzuziehen. Beim Wenden ist es wichtig, vorher die Taschen auszukrempeln – dann sind die danach gleich richtig. Zwei „Freiwillige“ aus der Reisegruppe müssen auch auf den Laufsteg, ihr Lächeln changiert zwischen amüsiert und gequält. Nach der Vorstellung geleitet man uns in den Verkaufsraum. Dort gibt es all die Jacken und Taschen, von denen wir annehmen sollten, sie seien wie die für die Edelmarken gefertigten Produkte. Die Preise von einigen hundert Dollar pro Stück machen das nicht schwer. Die Qualität mag hoch sein, wie Schnäppchen wirkt das trotzdem nicht. Und, ganz ehrlich: Meinen Geschmack trifft keines. Es ist leicht, nichts zu kaufen.

4. Tee: Ein Tee zum Döner bei Dönercim
Zurück in Kusadasi. „Jetzt spazieren wir!“ Erdal und ich gehen los, der Radio-Kollege schließt sich an. Zu dritt schlendern wir durch die Straßen, vorbei an Schaufenstern mit Luxusmarkenhandtaschen und Designer-Outfits. Hat Gucci wirklich so einen bauchfreien Jogging-Anzug im Leo-Look in der Kollektion? In einen der Läden gehen wir rein, ich befühle die Handtaschen, Erdal redet mit dem Verkäufer. Echt oder nicht? Keine Ahnung. Aber ich brauche gar keine Handtasche.
Spannender sieht der Laden mit den Aquarien aus. Darin schwimmen Pediküre-Fische. Ich könnte die Füße hineinhalten, sie würden Hautschüppchen abknabbern. Meine Füße als Fischfutter?
Man könnte sich auch ganz hineinlegen, sagt Engin und zeigt Fotos von einer anderen Reise, bei der er mit solchen Fischen gebadet hat. Aber dazu sind diese Becken doch zu klein.
Fischfutter möchte ich dann doch nicht sein, aber ich werde hungrig. Bin in der Türkei, muss also Döner essen. Als Vegetarierin muss ich da mal eine Ausnahme machen. Erdal fragt den Pediküre-Fisch-Laden-Inhaber, wo er denn mittags essen geht.
Seine Empfehlung: Dönercim.
Dort bestellen wir Iskender Döner, der schwung- und effektvoll mit heißer Butter übergossen wird. Dazu trinke ich Ayran und danach natürlich: Tee.
Lecker Döner essen bei:
Dönercim, Camikebir, İnönü Blv., 09400 Kuşadası/Aydın

5. Tee: Teehaus im Park
Wir machen Fotos an der Promenade, mit dem Kusadasi-Schriftzug und dem Herz. Das Licht ist grell, Engin ist im Schatten, ich bekomme das einfach nicht besser hin. Wir treffen Jessica und Petra, die beiden sind mit Tüten beladen. Darin: Diverse Markenoutfits in Schwarz für Petras Sohn. Zwei Chanel-Handtaschen und ein Dior-Sweater. „Die eine Tasche ist für meine Mutter“, sagt Jessica. Die Handtasche an Petras Arm ist auch neu. Mit Garantie, sagt sie, ich habe die Visitenkarte und die Nummer.
„Wollen wir Tee trinken gehen?“, fragt Erdal. Na klar.
In einem kleinen Park setzen wir uns in einen Tee-Garten. Erdal telefoniert. „In einer halben Stunde können wir den Bürgermeister von Kusadasi vor dem Schiff treffen“, sagt er. Wir brechen auf, schnell zum Schiff, uns frisch machen für den Bürgermeister (und den Telefon-Akku laden.) Es ist 18.30, um 19 Uhr soll der Bürgermeister kommen, mit dem Abendessen auf dem Schiff wird es schon mal nichts. Der Bürgermeister ist in Berlin geboren, vielleicht spricht er ein bisschen Deutsch.

6. Tee: Im Hafen von Kusadasi
Wir laufen vor dem Schiff herum. Lauter Läden, eine ganze Fußgängerzone, Shoppingmeile und Restaurants. Wo ist der Bürgermeister? Der ruft an, sagt Erdal. Stattdessen treffen wir unseren Tourguide aus Ephesos. Er erzählt, dass Kusadasi bis Ende der 1980er das St. Tropez der Türkei war. Und dann von Bodrum und allen anderen überholt wurde. Das einiges falsch läuft. Dass es ein Kongresszentrum gibt, das seit der Eröffnung vor zehn Jahren leer steht – weil es nicht genug gute Hotels gibt.
„Kusadasi war mal das St. Tropez der Türkei. Bis in die 1980er Jahre traf sich hier die türkische High Society. Und sogar die englische Queen hat mal im Kismet-Hotel residiert. Bodrum war da noch ein Fischerdorf. Der erste Yachthafen war hier, der erste Kreuzfahrthafen auch. Heute kommen die Leute nur noch wegen Ephesus. Billigsten Urlaub kann man in Kusadasi machen. Die Leute mit Geld kommen nicht mehr. Frag den Bürgermeister: Wie kommt es, dass Kusadasi vom St. Tropez der Türkei zu einem fünftklassigen Urlaubsort abgestiegen ist?
Fünf Kilometer außerhalb gibt es einen Strand, der länger als 25 Kilometer ist. Das Bauland am Strand wurde verkauft, viele sind reich geworden. In Antalya gibt es ähnlich lange Strände, dort sind tolle Projekte verwirklicht worden. Warum hat Antalya Kusadasi überholt? Warum gibt es hier keine Hotels, sondern private Strandhäuser? Was ist touristisch geplant?“
Eines möchte der Mann noch herausstreichen: Die Servicequalität in der Türkei ist top. Von Gastfreundschaft versteht man hier etwas.

7. Tee: Tee mit dem Bürgermeister – nein, doch nicht
Erdals Telefon klingelt. Ist es der Bürgermeister? Wir müssen los. Vor dem Hafentor treffen wir einen anderen Mann, nicht den Bürgermeister, sondern einen Tour Operator. Der scheint aber vom Bürgermeister gesandt. Er vermittelt ein Telefonat mit dem Bürgermeister, der sagt, er habe noch eine Besprechung, es dauert länger als gedacht, aber sein Pressesprecher könnte kommen. Ob wir den treffen wollen? Ja, okay. Wir setzen uns mit dem Tour Operator hin und trinken Tee, während wir auf den Pressesprecher warten.
Die Dämmerung senkt sich über Kusadasi, das Licht ist wunderschön. Engin und ich gehen noch mal los, um Fotos zu machen. Das Schiff unter Palmen. Auf der Promenade ist was los, die Lichter eines Karussells leuchten, Wimpelketten flattern in der Luft, eine Traube Ballons schwebt majestätisch hin und her. Angler packen ihre Ausrüstung ein, Teenager flirten.

Wir gehen zurück, mal sehen, ob der Pressesprecher schon da ist. Erdal sitzt mit drei Männern am Tisch, der Tour Operator, der Pressesprecher und ein Kollege von Erdal. Die drei reden Türkisch, Engin Streit ein, interviewt den Pressesprecher. Ich sitze dazwischen, verstehe nichts und komme mir vor wie auf Reisen.
Dann stelle ich dem Pressesprecher auch noch ein paar Fragen.
Interview mit Eşber Okayer, Pressesprecher des Bürgermeisters von Kusadasi

Was bietet Kusadasi den Kreuzfahrttouristen?
Kusadasi ist eine der wichtigsten Destinationen im Mittelmeergebiet. Die meisten Touristen kommen wegen Ephesos und wegen der heiligen Mutter Maria.
Es gibt auch viele Shoppingmöglichkeiten für Teppiche und für Goldschmuck.
Der Strand, das klare Meer sind attraktiv. Wir haben viele Angebote für Gesundheitstourismus/Thermaltourismus. Es gibt heiße Quellen mit hohem Mineralgehalt. Es wird eine „Museenstraße“ geben.
Es sind viele Open Air Konzerte geplant, ein Jazzfestival und ein Gastronomiefestival,
Unser Slogan lautet: „Wir laden Kultur und Kunst in die Stadt ein“
Was sollte man nicht verpassen?
Einen Ausflug nach Ephesos.
Die Burg die aus dem osmanischen Reich stammt und ungefähr 400 Jahre alt ist. Und die Altstadt um die Burg herum.
Das Haus der Mutter Maria nahe Ephesos
Die Taubeninsel, die vorläufig in die UNESCO-Liste aufgenommen wurde
Den Nationalpark von Kusadasi
Was ist Ihr Lieblingsplatz?
Der „Ladys Beach“. Der Strand ist nicht nur für Frauen. Der Name hat eine Geschichte: Traditionell haben die Söhne die fruchtbaren Ackerflächen geerbt, die Töchter die Strände, an denen nichts wuchs, das war wertloses Land. Doch jetzt sind die Töchter damit reich geworden.
8., 9. und 10. Tee: So geht Gastfreundschaft – gutes Essen, ein Bild und viel Tee im Restaurant Eva

Wir gehen los, Richtung Altstadt, etwas essen. Können gerade noch Erdals Kollegen davon abhalten, mit uns nach Didem zu fahren, das liegt 30 Kilometer entfernt und er will es uns unbedingt zeigen.
Wir sehen uns kurz den Burginnenhof an. Schlendern durch bunt beleuchtete Gassen, aus einer Bar klingt Live-Musik. In einem Laden kaufe ich Pestemals, Hamam-Handtücher. Die Verkäuferin gibt Erdal einen Tipp, wo wir essen können: Restaurant Eva, hausgemachter Küche, gleich schräg gegenüber.

Wir wählen das Essen aus der Vitrine aus, setzen uns und es wird aufgetischt. Viel mehr, als wir ausgesucht haben: Berge von gefüllten Weinblättern, grüne Bohnen in Tomatensoße, Suppe mit Knoblauch, Tzaziki. Dazu Ayran. Und Tee. Immer wieder Tee. Ständig wird nachgeschenkt, der Tee ist wie eine nie versiegende Quelle der Gastfreundschaft. An der Wand hängt ein Schild: Es gibt etwas Schöneres als „Ich liebe dich“ zu sagen: „Ich habe dir einen Tee gekocht und den trinken wir zusammen.“
Eva, die Tochter der Restaurantbetreiber, nach der der Laden benannt ist, malt ein Bild und schenkt es uns.
Tipp:
Eva Restaurant, Camikebir, Cephane Sk. No:21, 09400 Kuşadası/Aydın, Türkei

Durch die Altstadt schlendern wir zurück zum Schiff. Die Costa Venezia liegt still und ruhig.
Von meinem Balkon aus Blicke ich auf die Strandpromenade von Kusadasi. Die Lichter glitzern bunt, von fern klingt Musik und ein helles Lachen herüber. Schlafen kann ich heute nicht – zu viel schwarzer Tee.


Offenlegung: Meine Recherchereise auf der Costa Venezia wurde von costakreuzfahrten.de unterstützt. Vielen Dank! Der Inhalt des Textes ist von der Einladung unbeeinflusst und spiegelt meine eigene Meinung wider. Für den Beitrag erhalte ich kein Honorar.
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