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Australien: Kochen mit Mutter Erde beim "Taste of Kakadu" Food Festival

Wie schmeckt die älteste Kultur der Welt? Das „Taste of Kakadu“ Food Festival im Kakadu Nationalpark im Norden Australiens gibt Besuchern die Gelegenheit, eine traditionelle und kreative Busch-Küche kennenzulernen. Auszüge aus meinem Reisetagebuch vom vergangenen Jahr

Ubirr Rock, Kakadu National Park, Northern Territory, Australia
Ubirr Rock im Kakadu Nationalpark, Northern Territory Australien

"Mein Restaurant ist überall": Eröffnung des Food Festivals "A Taste of Kakadu"

„Landwirtschaft kannten die Aboriginals schon seit jeher. 60.000 Jahre Beobachtung, wie die Natur und ihre Reproduktion funktioniert. Die Landwirtschaft begann nicht erst vor 2000 Jahren mit dem Roggenanbau in Mesopotamien“, erklärt der Parkmanager des Kakadu Nationalparks in seiner Eröffnungsrede.

„Bush Tucker ist traditionelles Essen aus dem Kakadu Nationalpark mit minimal food miles, nachhaltig, gesund – die gesündeste Ernährung, die man sich vorstellen kann.“

Taste of Kakadu Food festival, Erdofen, Northern Territory Australien
Gleich gibt es Büffel aus dem Erdofen – muss nur noch ausgegraben werden

Um ein dampfendes Erdloch scharen sich Menschen. Und Menschen mit Kameras. Eine große Blondine werden rasch noch mit Puder die schweißglänzenden Nasenflügel mattiert. Ein breit grinsender und gleichzeitig ununterbrochen redender Mann, der aussieht wie ein nicht ausgelasteter Fitnesstrainer, geht auf die Knie, die Blondine an seiner Seite. Angeleitet von Männern in olivgrünen Ranger-Hemden schaufeln sie mit bloßen Händen den rotbraunen Sand zur Seite. Es staubt gewaltig, aber die Kameras halten drauf. „Oh, das ist so aufregend. Oh Mann, ist das heiß. Der Sand ist wahnsinnig heiß! So musste ich noch nie für mein Essen schuften!“ Enthusiastisch moderiert das nun schon recht angestaubte Paar in die Kameras und Mikrofone. Es sieht anstrengend aus. Ich verscheuche ein paar Mücken von meinen Fußgelenken. Wie die Hündchen buddeln die TV-Stars weiter, bis sie an etwas geraten, dass aussieht wie große Pappscheiben. Da schaltet sich einer ein, der etwas erfahrener aussieht. Fred Hunter nimmt die Rindenstücke vorsichtig vom Erdloch – und legt damit die Bratenstücke des Büffels im Erdofen frei. Ein rauchiger, würziger, köstlicher Duft zieht durch die Luft, „ahhh“, raunen die umstehenden Zuschauer. Das Fleisch wird auf Bleche gehievt und auf einen Tisch verfrachtet. Die Moderatoren säbeln Stücke davon ab und verkosten sie unter Entzückensrufen, dann lächeln sie zähnefletschend in die Kameras und in die Runde: Wer möchte auch? Alle möchten.

 

Während die Moderatoren und die Gäste des „Taste of Kakadu“ sich auf das Fleisch stürzen, erklärt Fred Hunter mir, wie man Büffel im

Erdofen, im „Gungar“, backt:

„Ein Loch graben, Steine hineinfüllen, Holz darüber und noch mehr Steine. Anzünden und warten, bis die Steine so heiß wie möglich sind. Das Fleisch hineinlegen, Blätter zum würzen darauf, dann kommt die Rinde vom Paperbark Tree zum Schutz darauf. Das ganze mit Erde bedecken. So kommt kein Sauerstoff hinein, nichts verbrennt. Nach 5 Stunden ausbuddeln und genießen.“

Fred kann in diversen Erdöfen zwei Büffel garen und 2000 Menschen verköstigen. „Mein Restaurant ist überall!“

Außer Büffel können auch Fisch und Krokodilschwanz im Erdofen gegart werden. Ein kleiner Krokodilschwanz (so ca. 1,50 lang) ist schon in drei Stunden gar.

Fred Hunter ist im Kakadu geboren. Ob er zuhause auch so kocht? „Ach, was, das ist viel zu viel Arbeit. Zuhause nehme ich die Bratpfanne!“

Taste of Kakadu Food Festival, Northern Territory, Autralien
Der Büffel ist gar! Schmeckt wie Omas Sonntagsbraten

Appetit bekommen?

Dann schnell los!

Das nächste Food-Festival „A Taste of Kakadu“ wird vom 10.-20. Mai 2019 gefeiert.

 

Mehr über die Region Northern Territory – „Australia’s Outback“ – hier:

northernterritory.com/de

und hier:

www.kakadutourism.com

Burning season

Am Straßenrand brennt ein Buschfeuer. Der Bus hält, eine flirrende Hitzewelle schlägt mir entgegen, als ich aussteige. Der Rauch dämpft das Sonnenlicht und wabert in Schwaden über die endlose gerade Straße. Es knistert laut, lauter als ein Kaminfeuer. Die Flammen rasen von Halm zu Halm, die Bäume lassen sich ankokeln, scheinen aber unversehrt zu bleiben. Es ist Smoke Season. Nach der Wet Season entzünden die Aboriginal People Feuer, um das hohe Gras niederzubrennen und so die Vegetation zu erneuern. Anti-Ageing für den Busch, sozusagen. Der Rauch erinnert mich an den im Erdofen gegarten Büffel. Ich bekomme Hunger und habe gleichzeitig das Gefühl, zu verglühen. Schnell steige ich wieder in den Bus.

Buschfeuer, Kakadu Nationalpark, Northern Territory, Australien
Heiße Sache, so ein Buschfeuer – aber kein Grund zur Sorge.

Krokodile im Gemüsegarten: Kakadu Kitchen Bush Tucker Walk mit Ben Tyler und Kylie-Lee Bradford im Patonga Homestead

Ben Tyler, Kakadu Kitchen, Taste of Kakadu, Northern Territory Australien
Ben Tyler, Kakadu Kitchen

In einem ehemaligen Safari-Camp für Jäger empfangen mich Ben Tyler und Kylie-Lee Bradford. Ben hat ein charmantes Lächeln, das noch dadurch gewinnt, dass es so schüchtern wirkt. Dazu dunkle Augen und dunkle Haut. Kylie strahlt selbstbewusst aus blauen Augen, die blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden. Sie gehören zu einer Familie, sind Cousin und Cousine oder so etwas ähnliches. Und sie haben gemeinsam hier so eine Art Landkommune aufgezogen, mit einem Community Garden voller üppig wuchernder Pflanzen, der ihnen ermöglichen soll, möglichst autark zu leben. Zum Frühstück servieren sie eine Schale Obstsalat – aus dem Garten, bestreut mit Pulver aus gemahlener Kakadu-Pflaume (Vitamin-C-Wunder!) und gemahlenen Wattle-Seeds, die lecker nussig schmecken.

Ben erzählt, wie er schon von seinen Großeltern und von seiner Mutter gelernt hat, was im Busch essbar ist. Dieses Wissen möchte er weitergeben, zugänglich machen. Ein Buch über Bush Tucker gibt es, sagt er, es heißt „The Food we eat“ (Info auf www.marrawuddi.com.au).

Doch insgesamt ist wenig, sehr wenig, schriftlich überliefert. Die Rock Art Zeichnungen sind die Bibliothek der Arboriginals. Das Startup-Unternehmen „indigital storytelling“ probiert Wege aus, diese Zeichnungen ins digitale Zeitalter mitzunehmen. Vielleicht überspringt die uralte Aboriginals-Kultur das leicht veraltete Medium Buch ja einfach und wird direkt digital.

 

Krokodil-Warnschild im Kakadu Nationalpark, Northern Territory Australien
Sie sind überall: Die Krokodile – und die Warnschilder

Ben nimmt mich mit zum Billabong um zu zeigen, was alles Essbares im Busch und im Wasser wächst.

Sechs Jahreszeiten gibt es im Kakadu Park, jetzt gerade ist „start burning“, die nächste Jahreszeit ist die „cold weather season“.

Jetzt ist Saison für Water Yams, Fisch, Freshwater Mussels, Früchte.

 

Wir passieren das große, leuchtende Krokodil-Warnschild. Salzwasserkrokodile, die supergefährlichen, bevölkern natürlich auch dieses idyllische Gewässer. Ben schnuppert. „Hier ist ein Großes in der Nähe. Riechst du es auch?“ Ich atme tief ein. Es riecht etwas modrig-fischig. „Das ist das Krokodil“, sagt Ben. Ich finde, es könnte genau so gut abgestandenes Tümpelwasser sein. Oder ein norddeutscher Entwässerungsgraben. Wenn ich mich hier auf meinen Geruchssinn verlassen müsste, wäre ich wohl verloren.

Ben, barfuss unterwegs, bittet mich, mit Sicherheitsabstand zu warten und watet ins Wasser. Er sieht so verletzlich aus in seiner Schürze, wie er vorsichtig durchs Wasser stakst, hier ein paar Süßwassermuscheln einsammelt und dort ein paar Wasserlilienblüten und -stängel. Wenn jetzt ein Krokodil käme? Ihn packen würde? Ich könnte nichts tun außer schreien. Er hat nichts dabei, um sich zu verteidigen, keinen Stock, keine Axt. Er wäre verloren. „Da kommt kein Krodkodil“, sagt Kylie. „Ben weiß, was er tut. Er würde das sehen. Die Wasserlilien würden sich bewegen.“ Ich starre auf die Wasserlilien und kann nichts erkennen. Erst als Ben wieder an Land ist und präsentiert, was er eingesammelt hat, atme ich zögerlich auf.

Wir wandern weiter, dabei erzählt Ben, dass das große Krokodil neulich einen Spaziergang in Richtung der Häuser und durch den Garten gemacht hat. Der Fußabdruck, den er in die Luft malt, würde nur knapp auf ein Backblech passen. Ich nehme schnell noch etwas mehr Abstand von diesem so friedlich aussehenden See.

Wir kommen zu einem Pavillon, daneben scharen sich Frauen um einen Erdofen. Es gibt Büffel und Barramundi und Süsswassermuscheln, die auf den Kohlen gegrillt werden. Alles ganz zart und köstlich. Dazu Salat mit Wasserlilienstängeln. Die erinnern ein wenig an Stangensellerie. So richtig gemüselastig ist das Essen wieder nicht. Ist wohl nicht die Saison dafür.

Weitere Familienmitglieder von Ben und Kylie kommen dazu. Sie haben alle verschiedene Haut- und Haarfarben. Wer da nun genau wie mit wem verwandt ist, ist nicht zu erkennen. Nur, dass sie sich sehr gut verstehen und jede Menge Spaß zusammen haben, während sie den Barramundi und den Büffelbraten von der Paperbark-Rinde essen.

Barramundi, Taste of Kakadu Food Festival, Northern Territory Australien
Teller sind überbewertet: Der Barramundi wird direkt von der Paperbark-Rinde serviert

Mehr über Kakadu Kitchen auf www.facebook.com/kakadukitchen

Schlange zum Mittag? Bush Tucker Talk mit Mandy Muir

Mandy Muir, auch eine Schwester von Ben, hält einen kleinen Diavortrag über Bush Tucker. Ihre Familie betreibt das Kakadu Billabong Safari Camp – an einem Ort, an dem es die meisten Krokodile Australiens gibt.

Im März war sie mit der Familie auf Gänseeiersuche. Dabei haben sie mit Stöcken auf die Wasseroberfläche geschlagen, um die Krokodile zu vertreiben. Zur Sicherheit hatten sie auch noch Äxte dabei.

Eine Langhalsschildkröte zu garen dauert ungefähr 45 Minuten, verrät sie. Die Schale – der Panzer – wird erst danach aufgebrochen. Das Fleisch der Schildkröte ist weiß und sehr fetthaltig, die Innereien schmecken wie Calamari. Überhaupt: in den Wetlands gibt es das meiste Bushtucker-Food. Schildkröten, bis zu 50 cm lang. Gänse, die im Juni-August schön fett sind. Nasenigel, die nach Schwein schmecken. Termiten. Wasserlilien. Und natürlich Schlangen, Filesnakes, die im Ganzen in der Glut gebacken werden. Dazu Buschkartoffeln, Buschhonig – alles, was man sich wünscht.

„Das klingt jetzt nach viel Fleisch“, fällt auch ihr auf. „Aber wir finden auch viele essbare Pflanzen auf unserem Weg.“

Aus einem Baumwollbeutel zieht sie eine Schlange, die ich streicheln darf. Die Haut fühlt sich trocken und fast ein wenig schlaff an, wie alter Samt. Ist das das Mittagessen? „Nein, die ist noch viel zu klein, die lasse ich gleich wieder frei“, sagt Mandy.

Schlange, Taste of Kakadu Food Festival, Northern Territory Australien
Nichts auf den Rippen: Diese Schlange ist noch kein vollwertiges Mittagessen

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